4 Dienstag - Die Wahl eines Vogtes
Eigentlich eines Regierungsstatthalters. Aber ich brauche absichtlich
den Begriff Vogt, weil das ein beliebtes Schimpfwort der SVP ist und
gerade diese Partei die meisten Statthalter stellt. Darum waren sie, die
sonst gegen viel Staat sind, nicht so glücklich über die Zusammenlegung
der 23 Amtsbezirke zu 10 Verwaltungskreisen.
Wahlen gibt es meist nur bei Vakanzen, denn nur selten wird ein
amtierender Statthalter herausgefordert. Dies geschieht dieses Jahr in
Bern und Thun und im Verwaltungskreis Frutigen-Niedersimmental in dem
ich wohne. Der Herr Rubin (SVP) sitzt bereits seit 1997 auf seinem
Stuhl, anfänglich nur für Frutigen zuständig, jetzt für die neue
Verwaltungsregion. Im Wahlcouvert war lediglich eine Porträtkarte von
Rubin und ein Wahlzettel. So war mir nicht klar, warum man den
Statthalter überhaupt wählen sollte. Erst die Simmentalzeitung, die
diese Woche eine Grossauflage verschickte, half mit weiter. Eine Frau
aus Zweisimmen hat ihre Kandidatur angemeldet. Sie hat aber kein
Werbematerial produziert und gibt auch keine Interviews, weshalb sie die
Simmentalzeitung auch als Phantomkandidatin bezeichnet.
Ich habe nur die Zettel der eidgenössischen Abstimmung abgegeben. Das
Couvert lag schon im Briefkasten der Gemeinde, als ich von der
Gegenkandidatin erfuhr. Aber wahrscheinlich wäre das auf das Gleiche
herausgekommen.
6 Donnerstag - Der Klapprechner
So möchten ja Deutsch-Puristen gerne de Laptop nennen. In der Schweiz
sowieso unmöglich, denn nur aus dem Englischen Begriff lässt sich der
Kosenamen „Lappi“ ableiten.
Ein solcher Lappi ziert neu meinen Arbeitsplatz. Der PC ist zwar noch da
– im Falle eines Falles – aber in ein paar Tagen verschwindet er. Der
Laptop ist mir einer Dockingstation verknüpft (wie hiesse diese wohl auf
deutsch) und an dieser hängen alle Kabel. Schnell hatte ich alles
umgestöpselt: das LAN, der Bildschirm, die Maus, die Tastatur … aber
hoppla, die Tastatur hatte den falschen Stecker. Die Dockingstation hat
nur USB-Eingänge. So hiess es dann, im Keller unter den ausrangierten
Tastaturen zu wühlen. Ich hatte gerade noch Glück, eine einzige Tastatur
mit USB-Stecker befand sich in dem Haufen und sie funktioniert sogar.
Et voilà:
Der Vorteil des neuen Laptops ist: ich kann ihn am Wochenende nach Hause nehmen.
Der Nachteil des neuen Laptops ist: ich kann ihn am Wochenende nach Hause nehmen.
Aber es war schon bis jetzt sehr selten der Fall, dass ich am
Wochenende noch irgendetwas hätte machen müssen. So wird dieser Laptop
im Normalfall das Wochenende zum ruhen nutzen, wie ich auch. Mein
Desktop-Hintergrund ist übrigens dieses Bild von Wyssachen, das ich
während meiner Mittellandwanderung gemacht habe.
13 Donnerstag
Der Kollege D. hat diesen Frühling das Superbuchhalterdiplom gemacht
(der offizielle Titel ist mir entfallen) und hat das mit einem Apéro
gefeiert. Üblicherweise kauft, wer einen Apéro veranstaltet kalte
Platten ein oder bestellt den Pizzakurier. Nicht so D.!
Schon gestern
Abend, als ich nach Hause ging, stand er in der Küche unserer
Cafeteria. Als ich heute morgen eintrudelte, stand er – nein, nicht
immer noch, aber – schon wieder in der Küche. Das Resultat war heute
Abend zugeniessen.
Bruschetti mit Hacktätschli, Zopfbrote gefüllt mit Speck oder Käse.
die Pizzen, je eine mit und eine ohne Fleisch, waren beim Fototermin
noch im Ofen. Dann noch die Brownies …
Einen solchen Buchhalter, pardon, Controller kann man brauchen.
15 Samstag
Das sind sie also, die heissen Tage. Diese Tage, an denen man lieber
oben in den Bergen an der frischen Luft bleibt, oder, wenn man doch in
die Stadt fährt, den Nachmittag in einem Untergeschoss verbringt.
Ersteres am Sonntag, letzteres am Samstag.
Ich liess mich
kurzfristig überreden, unseren Schachklub an der Delegiertenversammlung
des Schweizerischen Schachbundes zu vertreten. So weiss ich jetzt, dass
das Hotel Kreuz in Bern über unterirdische Konferenzsäle verfügt. Nicht
schön, aber zweckmässig.
Es sind etwas zwanzig Jahr her, als ich zum
letzten Mal an einer solchen DV war, aber die wichtigsten Streitthemen
sind immer noch dieselben: Beiträge und Spielreglemente. Beides war
Thema, beides ergab je eine einstündige Diskussion und in beiden Fällen
unterlag der Vorstand gegen einen Gegenvorschlag. Die von der
Versammlung reduzierte Beitragserhöhung wird zu einem Defizit führen und
neue Sparmassnahmen erfordern. Das tönt gerade wie in der Politik und
Politik ist es auch: Kleine gegen Grosse, Profis gegen Amateure, Geld,
Geld, Geld….
Möglicherweise geht es jetzt unserer Schachzeitung an
den Kragen, resp. ans Papier. Auch die Mehrheit der Schachspieler ist
online, aber nicht alle. So ist für weiteren Konfliktstoff gesorgt.
20 Donnerstag
Vor einiger Zeit habe ich das abgebildete Buch gelesen und es hat mich gut unterhalten.
Nun ist in den letzten Tagen ein kleiner Shitstorm um dieses Buch
losgegangen. Ein Literaturprofessor an der Uni Bern hat behauptet, das
Buch enthalte Antisemitismus und das bei einem jüdischen Autor. Er
behauptet allerdings nicht, Th. Meyer sei Antisemit, aber die Verwendung
von Clichés sei antisemitisch. Der Professor Lorenz will zwar nicht
gegen die Verwendung von Clichés sein, verlangt aber, dass diese
entlarvt würden. Eine Forderung, die mich ein bisschen an meine
Gymerzeit erinnert, als Bücher, Filme etc. immer sozialkritisch sein
mussten. Meyer wehrt sich gegen die Vorwürfe: Kein Jude, auch kein
orthodoxer, habe ihm bisher Antisemitismus vorgeworfen. Lorenzens Lesart
hält er darum für etwas paranoid. Tatsächlich ist Lorenz auf
Antisemitismus in der Literatur spezialisiert. Man könnte ihn darum mit
einem Exorzisten vergleichen, der immer und überall den Teufel am Werke
sieht.
Das ist auch ein Grund, warum mich diese Geschichte an eine Diskussion
erinnerte, die ich vor vier Jahren mit dem Langenthaler Politiker Reto
Müller hatte. Dort ging es um Rassismus, den er hinter der Bezeichnung
„Bimbo“ für ein Produkt der Kantonalbank witterte. Ich behauptete, den
Rassismus finde nur darin, wer in finden wolle. Natürlich war Reto
anderer Meinung.
Damals behauptete ich: Der Teufel ist immer am Werk.
Diesmal heisst es schlicht auf Newsnet: Vorwurf Antisemitismus.
Die Protagonisten sind Thomas Meyer (Blog) und Matthias Lorenz (Uni Bern)