6 Samstag
Wenn man sich in Zürich herumtreibt, steht man früher oder später auch
vor dem Denkmal des Hans Waldmann. Wieder zuhause liest man dann dessen
Geschichte nach. Er war ein richtiger Emporkömmling. Hat sich als
Kleinbürger über Kriegsdienste (Burgunderkriege) eine guten Ruf
geschaffen und wurde über die erstarkten Zünfte schliesslich
Bürgermeister der Stadt. Natürlich schmiedete er auch allerlei Bündnisse
und Intrigen, half bei Verurteilung und Hinrichtung eines Gegners nach
und verlor schliesslich selbst seinen Kopf durch das Richterschwert.
An der Veranstaltung, an der ich war, verlor zwar niemand seinen Kopf,
zumindest nicht konkret, aber es ging auch um einen Aufstieg und einen –
möglichen – Untergang. Den der EU nämlich, bei einer Lesung von Henryk
M. Broder aus seinem Buch „Die letzten Tage Europas“. Wobei der
Buchtitel auch geraden den darin beklagten Fehler macht, Europa und EU
gleichzusetzen. Broder ist ein scharfzüngiger Kritiker, aber, im
Gegensatz zu den Veranstaltern der Lesung, kein absoluter Gegner der EU.
Nicht einmal des Euros. Er wolle, sagte er, einfach Missstände
anprangern. Er findet, dass das krampfhafte Festhalten am Bisherigen und
Weiterentwickeln in die gleiche Richtung, die Grundidee der EU
eigentlich gerade gefährden. Alternativlosigkeit ist sein Schimpfwort.
Broder unterscheidet sich darin vor Prof. David Dürr, der in einer
witzigen Conference darlegte, dass die Schweiz in manchen Punkten gar
nicht so viel demokratischer ist, als die EU, der man undemokratische
Strukturen vorwirft. Allerdings ist Dürr durch und durch ein
Anti-Etatist, der staatliche Strukturen komplett ablehnt. Selbst das
Gewaltmonopol, also die Polizei würde er privatisieren. Eine wohlfeile
Forderung eines Pensionärs, der in einem der sichersten Länder der Welt
lebt. Broder, der schon mehrmals überfallen wurde (in Zürich und in
Berlin), empfahl ihm folgerichtig einen Besuch in Somalia oder Gaza, wo
dieser Traum Wirklichkeit ist.
Zurück zu Broder. Ich bin natürlich nicht mit allem einverstanden, was
er sagt, aber ich mag seine Art der Polemik und der direkten Ansprache,
anstatt darum herum zu reden. Mir käme es ja nie in den Sinn, jemanden
zu beleidigen, wie er es tut. Das Buch habe ich nicht gekauft, ich kenne
ja das meiste daraus durch Zitate und eine TV-Reportage gab es auch.
Aber ich habe das Buch zu einer anderen TV-Serie : „Entweder Broder“. Er
reist mit Hamed Abdel-Samad durch Deutschland und erlebt so einiges.
Auch dort gibt er gerne den Provokateur.
Es waren also zwei ganz vergnügliche Stunden, die ich da erlebte. Das
Publikum war, wen verwundert’s, wohl eher dem Rechtsfreisinn oder der
SVP zu zuordnen – Claudio Zanetti machte den Ansager. Ich konnte ein
paar Worte mit der unzimperlichen Twittererin Dani Brandt wechseln („Ah,
du bist doch der mit dem Bier“) und ein Promi lief mir auch noch über
den Weg: Bruno Stanek. Gut, vielleicht waren noch andere Promis im
Publikum, aber die kannte ich nicht.
15 Dienstag
Heute ist der finnische Staatspräsident Sauli Niinistö zum Staatsbesuch
in Bern. Grund für mich, nachzudenken, was mir zu Finnland in den Sinn
kommt.
Als erstes natürlich meine zweite Interrail-Reise 1982, als ich über
eine Woche in Finnland war. Das sind Erinnerungen an abgelegene
Jugendherbergen, Wälder voller Mücken, öde Busbahnhöfe im Norden. Dann
eine Ruderfahrt auf etwa drei der unzähligen Seen bei Kuopio. Die
Sprungschanzen von Lahti. Die Trams und die Felsenkirche von Helsinki.
Und auch immer das ungläubige Staunen, wenn man finnische Beschriftungen
zu entziffern versuchte. Zum Glück ist vieles auch auf schwedisch und
in Touristenorten natürlich auch auf englisch angeschrieben.
Zehn Jahre später wäre es vielleicht noch einmal zu Finnlandferien
gekommen. Ein damaliger Arbeitskollege – mit einer Finnin verheiratet –
hatte ein Häuschen im Süden Finnlands, das er vermietete. Ich hatte das
aber mehrmals vor mir hergeschoben und so verlief sich das Ganze. So kam
ich erst auf meiner Baltikumreise 2009 wenigstens wieder in die Nähe
von Finnland.
Und die Bilder? Na ja, 1982 habe ich natürlich noch keine Digitalkamera
mitgeführt und mit dem iPhone Papierbilder abfotografieren ist doch
etwas öde. Aber noch ein kulinarischer Tipp: Kalakukko. Ein Brot mit
Fischfüllung. Kann man als Ganzes machen, wie im folgenden Rezept, oder
klein, in Bürli-Grösse. Letzteres ist ideal als Wanderproviant.
22 Dienstag
Wann immer Abstimmungen vor uns stehen, werden die beteiligten Parteien
nicht müde, uns Gold- oder Pechregen vorauszusagen, je nach dem , was
wir stimmen werden. Die Horrorszenarien sind meistens besonders wild und
wenn es in den letzten Jahrzehnten immer danach gegangen wäre, würde
die Schweiz schon längst nicht mehr exisiteren.
Da ist die Drohung, die Frau Leuthard kürzlich ausgesprochen hat, eher
harmlos. Sie meinte, im Falle, dass die Erhöhung des Preises der
Autobahnvignette auf 100 Franken abgelehnt würde, der Benzinpreis um 6
Rappen pro Liter erhöht werden müsste. Da musste ich gleich mal
nachrechnen: Die 60 Franken teurere Vignette entspricht dann dem
Verbrauch von 1000 Litern Benzin. Da meine Auto ca. 8 l/100km
verbraucht, sind das 12’500 km, die mich 60 Franken kosten. Der Clou
ist, dass ich tatsächlich 10-15’000 km im Jahr fahre. So ist die
Wahrscheinlichkeit hoch, dass ich mit beiden Varianten zum gleichen
Resultat komme.
Das Problem ist, dass man bei Gebühren und Steuern nie ganz sicher ist,
wie sich das Ganze entwickelt. Wird die 100-fränkige Vignette in ein
paar Jahren wieder teurer? Wird die Benzinsteuer mehr erhöht, als
angekündigt? Oder gar beides?
Bei der Verkehrspolitik stehen zur Zeit die „Flatrates“, wie z.B. das GA
unter Beschuss und auch die Vignette kann man als „Flatrate“
betrachten. Die Benzinsteuer hingegen verbrauchsorientiert. Da ich im
Zweifelsfall dem Verursacherprinzip zuneige, müsste ich also mit nein
stimmen. Ganz anders, als ich es ursprünglich vorhatte.
26 Samstag
Die Initianten des Geoblogs können nicht nur Rätsel stellen, sie
können auch einschenken. Vorausgesetzt, man befindet sich auf einem
Berggipfel.
Christian (@chm, links) und Adrian (@Herr_Natischer, rechts) luden
zur Wanderung aufs Guggershörnli und sieben Geoblog-Rätsler folgten.
Dass die beiden nicht nur Geos, die Erde, im Griff haben, sondern auch
die Atmosphäre, zeigte sich am Superwetter, das wir an diesem Samstag
hatten. Die makellose Sicht bis zur Jurakette erwärmte das Herz des
Seeländers unter den Teilnehmern – dass der Gantrisch die Sicht zu
seiner neuen Heimat verwehrte, ertrug er stoisch.
Etwas weniger stoisch ertrug der Höhenängstige, dass eine Teilnehmerin
(die einzige Frau in der Gruppe), den geschützten Bereich verliess, um
auf dem obersten Teil der Hörnlis die Aussicht zu geniessen und ein Bild von uns zu machen. Das Glas heben und in die Kamera lächeln, heisst es in solchen Momenten.
Das Glas zu heben, galt es im Anschluss bei einem Besuch beim
Erzbierschof in Köniz. Beim Erzbierschof kann man, wie der Name sagt,
Bier trinken, fernsehen, töggelen und Schränke und Regale abschreiten um
hunderte von Bieren zu betrachten und das eine oder andere Fläschchen
in das man sich verliebt hat, käuflich erwerben. Ehrlich gesagt: ich
könnte sie alle …. kaufen – und jeden Abend eine geniessen!
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