2015 Paris
Donnerstag, 16. 4. 2015
Drei Stunden dauert die Fahrt mit dem TGV von Basel nach Paris via Mülhausen und Dijon. Ich kam bereits um halb eins im Gare de Lyon an und fand das Hotel fehlerlos, denn ich hatte mich mit Google Maps gut vorbereitet. Rue de l'échiquier (Schachbrettstrasse) konnte ich mir sowieso gut merken. Diese und ein paar weitere Strassen erkundete ich schon, bis um halb fünf ein erster Spaziergang mit der Reiseleiterin vorgesehen war.
Da gab es erste Informationen zu den Haussmann-Boulevards, den Halles und dem Palais Royal. Dieser heisst so, weil Louis XIV einige Zeit darin wohnte, bevor er nach Versailles zog. In erster Linie war es aber der Wohnsitz von Kardinal Richelieu und beherbergt heute u.a. das Justizministerium.
Zurück im Hotel wurde die Gruppe bei einem Blanc Cassis über das Programm informiert und dann in den Abend entlassen.
Ich nutzte die Zeit noch für einen weiteren Spaziergang. Eine Kirche, die ich von Weitem gesehen hatte wollte ich von genauer anschauen. Von Nahem sah die Paroisse Saint Vincent nicht mehr sehr schön aus und ich spazierte noch etwas weiter den Boulevards entlang. Ein erstes Mal bereits musste ich auf Maps auf meinem iPhone zurückgreifen. Ich hatte etwas die Orientierung verloren, denn in Paris gibt es nur wenig rechtwinklige Kreuzungen.
Freitag, 17.4.2015
Am Vormittag konnten wir noch etwas bequem sein, denn wir gingen auf Stadtrundfahrt mit einem Bus. Wir fuhren einmal rund um den Obelisken auf der Place de la Concorde herum. Ein Geschenk Ägyptens und somit das älteste Monument der Stadt. Der Name des Platzes: Concorde - Einigkeit soll vergessen machen, dass hier einst etwas eher trennendes stand, die Guillotine.
Erster Aussteigepunkt war die Aussichtsterrasse am Trocadero, wo man über das Champs de Mars sieht und auf das meistfotografierte Bauwerk der Welt, den Eiffelturm.
Zweite Station war der Dome des Invalide zu dem auch heute noch ein Spital für kriegsversehrte Soldaten gehört. Im Dom befindet sich u.a. der Sarkophag von Napoleon I. Aber den liessen wir, denn die Reiseleiterin wollte uns in erster Linie den Hof der Anlage, wo das Militärmuseum ist, zeigen. Am Dach des Gebäudes befindet sich über jedem Fensterbogen eine Trophäe, d.h. die Skulptur eines Kreuzes, an dem eine Rüstung, Waffen und Schmuck hänge und oben darauf meistens ein Helm - typische Beutestücke eines besiegten Heeres. Dieses Trophäenkreuz, das bereits die Griechen kannten, sei die Vorlage des christlichen Symboles, erklärte sie, nicht das Hinrichtungsinstrument.
Nach der Stadtrundfahrt wollte ich herausfinden, wie weit es vom Hotel zum Gare de Lyon ist. Zu weit, um es mit dem Koffer zu machen. Aber ich kam dabei zum Mittagessen und dazu, mit die Place de la République genauer anzuschauen. Der Platz hat grosse Symbolkraft und das Thema Freiheit steht im Mittelpunkt. Der Sockel des Denkmals ist auch heute noch voll mit Flyern und Gegenständen der Solidaritätsdemo für Charlie Hebdo.
Am Abend ging es in den Louvre, wo wir einen verschwindend kleinen Teil der Exponate genauer anschauten. Nur die Stichworte: Grundmauern des alten Schlosses, Venus von Milo, Nike, Hl. Sebastian, Joh. der Täufer (generell die Vermischung christlicher Motive mit jenen der griechischen Mythologie), Mona Lisa, Revolution, Medusa, Krönung Napoleons. Am Ende noch der Appolon-Saal. Das eine oder andere mag noch Thema für einen Sonderartikel sein.
Die Venus hat bekanntlich keine Arme mehr, die Arme – Nike nicht einmal den Kopf.
Trotz Müdigkeit marschierte ich noch zum Eiffelturm und kam gerade rechtzeitig um die Lichtshow um 21 Uhr zu sehen.
Samstag 18.4.2015
Der Weg zum Museum führte aber erst auf die Ile de la Cité, auf den Place Dauphin, der sich dadurch auszeichnet, dass er dreieckig ist. Die eine Spitze weist auf ein Reiterstandbild von Henri IV, was passt, denn mit dem Dauphin ist sein Sohn, der spätere Louis XIII gemeint.
Unter diesem Henri fanden die Hugenottenkriege statt, nach denen er mit dem Edikt von Nantes Toleranz gegenüber den Protestanten verfügte. Sein Enkel, der Sonnenkönig Louis XIV hob dieses wieder auf. So flohen wieder Hugenotten aus Frankreich, auch in die Schweiz.
Nach dieser geographischen Geschichtsstunde ging es ins Musée d'Orsay, dem ehemaligen Bahnhof. Im Eingagnsbereich wird man von Skulpturen im Stile der griechisch-römischen Tradition begrüsst, wie wir sie schon im Louvre sahen.
Unser Ziel waren aber die Impressionisten und deren Vorgänger. Es ist interessant, was im 19. Jahrhundert zum Kunstskandal werden konnte. Schon nur die Darstellung von Alltagsszenen, ohne Promis, ohne mystischen oder religiösen Inhalt, waren Aufreger. Impressionist war ursprünglich ein Schimpfwort für Maler, die nur einen "Eindruck" der Wirklichkeit abbildeten, ohne eine Botschaft, eine Moral übermitteln zu wollen.
Mein selbständigen herumstreunen entdeckte ich auch noch einen "Bekannten": Felix Vallotton, den Maler aus dem Roman von Martin Suter.
Am Nachmittag fuhren wir zum bereits genannten Sonnenkönig, resp. seinem Schloss, nach Versailles. Zuerst spazierten wir durch den Park, den zu erkunden die vorgesehene Stunde bereits knapp war, hätten wir jeden Pavillon besuchen wollen.
Im Park und im Schloss hat es schon immer von Menschen gewimmelt. Damals von Höflingen und Bediensteten, heute von Schulklassen und Reisegruppen. Im öffentlichen Teil des Schlosses führt ein "Wanderweg" erst durch die Gemächer des Königs, dann durch den Spiegelsaal und am Schluss durch die Gemächer der Königin. D.h. am Schluss kommt noch der Souvernierladen.
Sinn des grossen Schlosses war, dass alle massgeblichen Adligen dort wohnen mussten und so unter den Kontrolle des Königshofes standen. Der König empfing seine Höflinge erstmals morgens in seinem Schlafzimmer und wer fehlte machte sich verdächtig. Im Gegensatz zu heute war das Schlafzimmer kein intimer Ort. Dafür das Bureau, dort durften nur die engsten Berater rein.
Das Bett der Marie-Antoinette. Ich begnügte mich mit dem Hotelbett.
Sonntag 19.4.2015
Montmartre, das legendäre Künstlerquartier, war Ziel des Sonntagvormittags. Auf der Place d'Abesses, resp. einem kleinen Park nebenan, erklärte uns die Reiseführerin die Entwicklung dieses Dorfes zum Stadtteil von Paris. Es war der dörfliche Charakter, aber auch die tiefen Mieten, die einst die Künstler in diesen Stadtteil lockte. Montmartre ist auch heute noch ein beliebter Wohnort.
Die Hauptattraktion ist natürlich die Kirche Sacré-Coeur. Heiliges Herz oder Herz Jesu ist eine Richtung der mystischen Verehrung im Christentum. Der richtige Ort also, um auf den Laizismus in Frankreich einzugehen. Staat und Kirche sind streng getrennt, was auch dazu führt, dass es keine Kirchensteuern gibt oder keine Blasphemiegesetze.
Vielerorts in Paris trifft man auf Darstellungen des Heiligen Denis, der auf Montmartre geköpft wurde und gemäss Legende mit dem Kopf in der Hand 3 km zu seinem bevorzugten Begrägnisort gegangen ist. Dort steht jetzt die Kirche St. Denis, wo fast alle französischen Könige begraben sind. Beim weiteren Spaziergang passierten wir auch den Brunnen, wo der geköpfte Denis sich gewaschen haben soll. Hier sehen wir in am Portal der Notre-Dame:
Ziel war aber nicht der Brunnen, sonder der Petanque-Club von Montmartre. Dort erhielten wir eine Lektion in diesem Spiel, in dem wir gleich unter Anleitung spielten. Der Instruktor war natürlich parteiisch und half den Frauen. Aber zugegeben, die eine warf wirklich sehr zielsicher.
Beim Apéro waren dann wieder alle gleichberechtigt.
Den freien, d.h. nicht geführten Nachmittag nutzte ich, um einer Empfehlung von Tom alias DJ Brutalo nachzugehen - dem Parc des Buttes Chaumont. Der ehemalige Steinbruch wurde vor 150 Jahren in einen Park umgebaut, der eine künstliche, pittoreske Natur darstellte. Der Park war an diesem sonnigen Sonntagnachmittag gut besucht.
Ich mir hatte vorgenommen, in Paris einmal Tram zu fahren und tatsächlich musste ich nur einige hundert Meter marschieren bis zu nächsten Tramstation. Leider waren die Trams bumsvoll und das änderte sich auch nicht, als ich einige Stationen der Trasse entlang ging. Als Entschädigung erreichte ich kurz vor der Endstation den Parc de la Villette. Dort findet man gleich zwei Philharmonien, weitere Säle, Erlebnisparks, Liegewiesen, einen Kanal etc. Auch einen Buchladen und dort wagte ich mich hinein. Ich überflog die Präsentiertische und blieb bei einem Buch hängen. Es hatte den Untertitel: " ". Richtig, es ging um Charlie Hebdo. Ich musste es kaufen.
Am Abend traff sich die Gruppe wieder zu einer Seine-Fahrt. Ein Stunde vom Pont Neuf zum Eiffelturm und zurück und um die Seine-Inseln herum. So sahen wir die Sehenswürdigkeiten noch einmal in Nachtbeleuchtung.
Montag 20.4.2015
Der Montag begann wieder auf der Ile de la Cite, aber diesmal widmeten wir uns der Hauptdarstellerin, der Kathedrale Notre Dame.
Sie ist eine der ersten gotischen Kirchen, bei Baubeginn, wie bei Fertigstellung, denn man hatte von Anfang an geplant, auf Turmspitzen zu verzichten. Die Skulpturen an der Kirche handeln immer wieder von Sündenfall und vom jüngsten Gericht und dazwischen immer Marie und Jesus. Der Name und der Bildschmuck verraten den Begin der Marienverehrung: Das Bild der Frau wird aufgespalten in Sünderin (Eva) und Heilige (Maria). Die Einführung des Zölibats für Priester gehört in diese Zeit.
Auf der Insel spielte im 12. Jahrhundert auch die Liebesgeschichte von Héloïse und Abélard: Pierre Abélard war Lehrer und verliebte sich in Héloïse, die Nichte seines Vermieters. Sie wurde schwanger, sie heirateten auch, aber weil Abélard sie ins Kloster schickte, wurde der Onkel wütend und liess ihn kastrieren. Héloïse blieb im Kloster und Abélard zog weiter und veröffentlichte später unter vielem anderen einen Roman über seine Beziehung in Form einer Briefesammlung. Wieviele dieser Briefe echt waren, wieviele dazuerfunden, weiss man nicht - die romantische Liebesgeschichte ist aber vielen Franzosen ein Begriff.
Das Marais - wir haben das Quartier gewechselt - besteht aus vielen kleinen Gassen, nur eine grosse Strasse durchquert es. Es ist das jüdische Viertel, was man an etlischen Läden mit nahöstlichen und koscheren Speisen sieht. Hier wurde einst der Film "Abenteuer des Rabbi Jacob" mit Louis de Funès gedreht. Die Atmosphäre für die Juden in Paris (und Frankreich) hat sich in letzter Zeit geändert. Vor jeder Synagoge stehe Soldaten und viele französische Juden, die sich in Israel eine "Ferienwohnung" gekauft haben, ziehen jetzt wirklich dorthin.
Den letzten Freigang nutzte ich zu einem Besuch des Prominentenfriedhofs Père Lachaise. Eines der bekanntesten Gräber dort ist jenes von Jim Morrison. Als ich es fand, standen etwas ein halbes Dutzend Leute davor. Alles Junge, nach seinem Tod geborene. Fotografiert habe ich aber nicht dieses Grab, sondern die zentrale Skulptur.
Am Abend gab es, wie immer wenn man mit Studiosus reist, ein Abschiedsessen. Diesmal typisch französisch mit Chèvre chaud, Entenbrust und Schokoladeküchlein. Da ich vis-à-vis der Reiseleiterin sass, landete das Couvert mit dem Trinkgeld für sie bei mir und ich war somit gewählt, auch ein paar Worte zu sagen. Offenbar fand ich die richtigen, denn die Gruppe reagierte positiv. Mit einem Ehepaar aus Frankfurt, welches auch noch nicht ins Hotel wollte, ging ich noch zu einem Schlummertrunk in ein Bistro.
Dienstag 21.4.2015
Heimfahrt im Doppelstock-TGV und zurückdenken an Paris.
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