6 Samstag
Zur Zeit ist das Wetter so wechselhaft, dass man nicht so recht weiss,
ob man sich morgens mit einer heissen Dusche auf einen ebenso heissen
Tag oder mit einer kalten auf einen kalten oder doch kreuzweise…
vorbereiten soll. Der Sanitärinstallateur, der gleich unten an der
Talstrasse wohnt, sieht das so:
Diese Dusche dürfte eher kalt sein. Da aber weder das Zwerglein noch ein
Passant drunterliegen wird, kommt es auch nicht darauf an. Die nächsten
Tage sind vorraussichtlich warm oder kalt oder irgendetwas dazwischen.
9 Dienstag
Erinnerungen kann einem keiner nehmen, sagt man. Leider vergehen sie
trotzdem mit der Zeit, so dass auch die Erinnerung kein unverminderbares
Vermögen darstellt. Mein Erinnerungsvermögen war am Montag Abend
gefordert, denn ich schaute einen Film, den ich vor ca. 40 Jahren erst
und letztmals sah: Barbarella.
Barbarella ist eine Comic-Verfilmung, die wegen ihrer 60-Jahre
Ästhetik viel beachtet wurde. Ich war damals auch fasziniert und war
gespannt, ob dies heute auch noch so sein würde. Nun, was die Ästhetik
betrifft, ja. Die durchsichtigen Tricks und die hanebüchene Geschichte
sind aber nichts mehr für 2016. Gut, bei der Geschichte bin ich mir
nicht so sicher, ob die heutigen viel besser sind.
Zurück zur Erinnerung: Diese schlug bei mir in der letzten Szene des
Films zu. Barbarella wird vom Engel, der sie begleitet hat, aus der
Gefahrenzone weggeflogen. Zu ihrer Überraschung nimmt er aber auch die
Tyrannin, die die Katastrophe verursacht hat, mit. Warum, wo sie ihn
doch gefoltert hat, will sie wissen. Seine Antwort: Engel haben kein
Erinnerungsvermögen.
Abgesehen davon, dass das Wort „Gedächnis“ weniger holprig wäre –
erinnerte ich mich daran, dass ich diesen Satz anders in Erinnerung,
pardon, im Gedächnis habe: Un ange n’a pas de memoire. Ich hatte den
Film damals im französichen Fernsehen gesehen.
Ich bin kein Engel – ich kann mich sogar noch an synchonisierte Sätze erinnern.
14 Sonntag
Dieses Wochenende fand das Strassenmusikfest „Buskers“ in Bern statt.
Ich hatte am Samstag zwar Brautag, begann aber früh und konnte so doch
schon um 17 Uhr in Bern sein.
Bis die Konzerte um 18 Uhr begannen, wollte ich eine Kleinigkeit essen,
aber nach einem kurzen Rundgang durchs Rayon ging ich – es ist mir ein
bisschen peinlich – dazu zurück zum Bahnhof. Ohne Musik fehlte mir die
Atmosphäre zu bleiben.
Dann aber ging es los. Ich kaufte mir, wie es sich gehört, ein
Festivalbändchen und das Programm. Ich ging an einigen Bühnen vorbei und
blieb erstmals hier stehen.
Tango an der Bushaltestelle – so muss ein Strassenmusikfest sein. Nach
dieser Vorstellung zirkulierte ich weiter von Bühne zu Bühne und hierbei
begegnete ich zwei Damen in Bademänteln mit Koffer. Was es mit ihnen
auf sich hatte, erfuhr ich, also ich sie vor dem Münster wieder sah. Es
waren Artistinnen, die mit waghalsigen Hebefiguren das Publikum
begeisterten. Auch mich – ich dachte gar nicht daran ein Bild zu machen.
Angesichts meines Heimweges verliess ich das Fest um 22 Uhr. Vielleicht
leiste ich mir nächstes Jahr eine Unterkunft, um das Fest mehr zu
geniessen.
21 Sonntag
In Bern fand diese Wochenende ein Stadtfest statt. Faktisch handelte es
sich um eine vergrösserte Bümpizer-Chilbi mit der Idee, die Restberner
einmal in den westlichen Stadtteil zu locken. Sicher kein schlechter
Plan, schliesslich wäre Bümpliz als eigenständige Gemeinde mit über
40’000 Einwohnern, zumindest unter dem 20 grössten Städten der Schweiz.
So nahm ich denn die S-Bahn nach Bümpliz-Süd um mir die Sache
anzuschauen. Dort kam ich erstmal auf den Festplatz mit den üblichen
Fahrgeschäften. Da ich weder Hunger noch Durst verspürte marschierte ich
weiter nach Bachmätteli (Musik gefiel mir nicht) und Bümpliz Zentrum
(Musik gefiel mir auch nicht) durch die Fress- sprich, die
Brünnenstrasse.
Zwar war ich endlich durstig, aber dort schien Felschschlösschen/Gurten
das Monopol zu haben und so ging ich weiter nach Brünnen. Dort endlich,
am Courgenay-Platz, der Tramwendeschliefe zwischen Einkaufszentrum und
Bahnhof Brünnen kam ich zu einem Felsenau-Bier und zu Musik die mir
passte.
Es handelte sich um die Band von JJ Flueck,
die zwar etwas Funk-lastig ist, aber mit Rythmus in den Hüften,
tanzenden Menschen vor der Bühne und einem Bier in der Hand (oder auf
dem PET-Container) fühlt es sich bestens an. Leider hörten sie schon um
19 Uhr auf – oder zum Glück, denn so konnte ich mich ohne Reue auf den
Heimweg machen um noch vor neun (alte Männer brauchen das) zuhause zu
sein.
23 Dienstag
Heute habe ich mein neues Wanderprojekt in Angriff genommen. Ich will
die höchsten Punkte unserer 26 Kantone besuchen oder zumindest
fotografieren. Die Liste dieser Punkte ist auf der Blogseite „26 Gipfel“.
Der niedrigste und zugleich westlichste Punkt liegt im Kanton Genf.
Dabei konnte ich gleich auch noch eine Teil Genfs kennen lernen, an den
die meisten Leute wohl nicht denken, nämlich den ländlichen.
Der Salève, bereits in Frankreich, und der Wasserturm von Jussy. Zu
Jussy gehört auch der Weiler Monniaz an der Grenze und dort findet man
besagten Punkt: Gut sichtbar, denn es handelt sich um den Grenzstein
141.
Diese Bild machte ich übrigens von französchem Boden aus. Von Monniaz hat man nur 10 Minuten, von Jussy ca. eine Stunde.
Nebst Wandern war auch viel Bus fahren. Am Bahnhof Genf Cornavin, dem
Hauptbahnhof, nimmt man Bus 5 oder 25 nach Thonex Sous-Moulin. Dort
steigt man auf Bus C um, der aber nur zu den Stosszeiten bis Monniaz
fährt. Bis Jussy hat man aber mindestens Halbstundentakt. Die Fahrt mit
Bus C ist auch eine schöne Überlandfahrt bei der man diese unbekannte
Seite Genfs kennen lernen kann.
24 Mittwoch
Das Schloss Jegenstorf liegt gleich neben der Bahnstation und ist darum
für einen Kurzabstecher bestens geeignet. Es hat einen Schlosspark mit
Ruhebänkchen und einer Apfelbaumkolonie, wo man Bäume verschiedener
Sorten betrachten kann. Das Schloss ist quadratisch, aber jede Seite
sieht etwas anders aus.
Hier vom Karpfenteich aus. Gleich daneben wird gerade ein Festzelt
aufgebaut, denn am Samstag feiert der RBS (Regionalverkehr
Bern-Solothurn) das hundertste Jahr ebendieser Linie. Da ich dann Schach
spiele, komme ich nicht in Versuchung, dort noch vorbei zu gehen.
28 Sonntag
Von nun an geht’s bergauf, auf echte Berge. In einem war die Reise in
den Aargau jener in Genf aber ähnlich. Wieder musste ich mit zwei Bussen
Reisen – diesmal von Olten nach Erlinsbach und von dort zur Klinik
Barmelweid, sozusagen das Heiligenschwendi des Aargaus.
Dort hätte ich auf der Aussichtsterasse etwas essen und die Wanderung
vergessen können, aber ich widerstand der Versuchung, denn die Geissfluh
ist ja nur 40 Minuten entfernt. Bald konnte ich die Aussicht geniessen:
Die Aussicht nach Norden, nach Basel Land von Solothurner Boden aus –
mit anderen Worten: Ich war noch gar nicht am Ziel. Der Aargau teilt mit
dem Kanton Neuenburg das Schicksal, dass sein höchster Berg ihm den
Gipfel vorenthält und er sich mit einem Punkt auf dem Grat begnügen
muss. Darum wanderte ich den Grat-Wanderweg hinunter, erst auf der
Grenze BL/SO, dann auf dem kurzen Stück SO, das das Juradorf Kienberg
mit dem Restkanton verbindet. Endlich wieder im Aargau nur 200 m nach
dem Grenzstein findet man ihn endlich.
Mit Gedenktstein und Inschrift und selbst einem Gipfelbuch, in welches
ich aber nicht hineingeschrieben habe. Nachdem ich so den Höhepunkt des
Aargaus genossen hatte, wanderte ich weiter zur Salhöhe um den Bus
zurück zu nehmen. Dort hatte ich nicht nur genügend Zeit, im Restaurant
eine Coupe zu nehmen, ich erwischte auch noch das letzte Postauto nach
Gelterkinden und konnte so noch mehr mir bisher unbekannte Dörfer
durchfahren.
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