Samstag, 19. Dezember 2009

Musikauswahl ist manchmal Glückssache

Etwas, das mir immer wieder ein dunkles Knurren entlockt, ist die Art der Radiomoderatoren, gewisse Musikstücke an- oder abzumoderieren. Heute Morgen auf Radio Beo - zur Zeit kann man ja den Weihnachtsliedern nicht entrinnen - wurde der Titel "Blue Christmas" gespielt. Darauf der Moderator: "Ein Lied, das gut zur Zeit passt." Da musste ich mich gleich fragen, ob er allen Hörern einsame Weihnachten wünscht. Na ja, vielleicht bin ich da etwas pingelig. Grober in meinem Augen ist, wenn der Titel "Another Cup of Coffee", vor allem von der Morgenmoderatoren fröhlich angesagt wird. Bei besagtem Kaffee wird nämlich über eine zerbrochene Beziehung sinniert. Analog dazu wurde kürzlich das Reggae-Stück "Don't Turn Around" mit "erinnert uns doch an Ferien und Palmenstrand" abmoderiert. Auch dieses handelt von verflossener Liebe. Ueberhaupt scheinen alle Moderatoren nur eine Assoziation zu spanisch oder italienisch gesungenen Liedern zu kennen: Ferien! Sie würden nicht einmal merken, wenn der Sänger dazu aufrufen würde alle Frohsinn-um-jeden-Preis-Moderatoren zu vierteilen.
Auch der Sender, dem man eigentlich die besten Musikredaktoren zutraut, liefert solche Fehlleistung - nämlich dann, wenn die ausgewählte Musik an eine Reportage anknüpft. Eine Reportage über China wird mit "China in your Hand" abgeschlossen. Nur dass "China" hier Porzellan heisst und direkt nicht mit dem Land zu tun hat. Etwas näher liegt Holland. Da drängt sich ja "Rotterdam" auf. Der ganze Titel des Liedes heisst aber "Rotterdam or Anywhere", zählt weitere Städte auf und beschreibt die Einsamkeit in der Grossstadt. Nach alledem bin ich schon milde gestimmt, wenn nach der Reportage über das belgische Küstentram "Mon plat Pays" von Jaques Brel gespielt wird. Noch passender wäre natürlich die flämische Version gewesen, aber das wäre wohl die ganz hohe Kunst der Musikredaktion.

2 Kommentare:

  1. Seien Sie mal vorsicht mit Forderungen nach Vierteilungen von Radiomoderatoren. Leicht kann es dann passieren, dass der Verbalbullshit gleich hochvier aus den Empfängern plärrt. Ich empfehle ihnen deshalb DRS2 wo sie ohne mit der Wumper zu zicken, stundenlange Lieder in denen von "Freude, schöner Götterfunke" abspielen.
    Der Song wird irgendwie von den Bremerstadtmusikanten gespielt, man versteht zwar kaum ein Wort weil er in dieser komischen Prince-Kiss-Kopfstimme gekrächzt ist, er überbrückt aber locker eine Stopandgofahrt auf der vorweihnächtlichen A1 von Bern nach Züri an einem Freitagabend. Die Stimmung die er trägt spiegelt das bräsige Gefühl wider, das den überheitzten Raum im Auto beherrscht.
    Die Schlussakorde dauern so lang wie ein mittlerer Hitparadenmist und die Moderatorin hat noch das Toupet zu behaupten, das Stück sei "unvollendet". (Die ist wohl gerade aus dem Schlaf aufgeschreckt.)
    Egal ich habe mir dann vorgestellt wie das wäre, wenn dieses Lied in der Hitparade wäre und andauernd von allen Radiostationen rauf und runtergeträllert werden müsste.

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  2. Da ich gegenüber DRS2 doch noch ein positives Vorurteil habe, nehme ich die mal von meiner Kritik aus. Anderen Sendern würde ich durchaus zutrauen die Ode an die Freude nach einer Reportage über Mozartkugeln o.ä. zu spielen.
    Die Neueste der Pet-Shop-Boys enthält übrigens Teile der Nussknacker-Suite. Ob die Hitparadenmoderatoren dies wohl wissen.

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