Es war Stephanstag. Ein Sonntag. Ich hatte bei meinem Bruder übernachtet und wir waren am Mittagsbrunch. Jemand bemerkte plötzlich: "Es ist schon lange kein Zug mehr vorbeigefahren." Tatsächlich, jetzt fiel es allen anderen auch auf. Vier Züge pro Stunde ist die Norm, aber den ganzen Morgen schon war es ruhig. Also stellte mein Bruder das Radio an und bald kamen auch Nachrichten. Ein Sturm hatte die halbe Schweiz lahmgelegt. Viele Strassen waren gesperrt, insbesondere in den Bergen.
Trotzdem beschloss ich nach dem Essen loszufahren. Ich kombinierte Autobahn und Landstrasse richtig und erreichte staufrei Spiez, wo ich erstmal Kaffee trinken ging, denn ich wusste, dass die Strasse eingangs Simmental noch gesperrt war. Eine Stunde später fuhr ich weiter, um mich in die Kolonne beim Taleingang einzureihen. Auch hier wählte ich den richtigen Zeitpunkt, denn nach einer halben Stunde war die Strasse frei. Immer wieder passierte ich Strassenstücke, wo ein Baum quer auf der Strasse lag, dessen Mittelstück man herausgesägt hatte, um den Weg frei zu machen.
Schon bei der Einstellhalle war mir klar, dass wir keinen Strom hatten. Die Tür stand offen, drinnen war es dunkel. Auf dem Weg zum Haus lagen zwei Bäume, die ich überklettern musste. Keine dicken, zum Glück. Weitere Bäume lagen auf dem Sportplatz und etwas höher oben sah ich ein ganzes Waldstück, das Boden gegangen war.
Zuhause hiess es für mich als erstes, den Schwedenofen einzuheizen. Auch Oelheizungen brauchen Strom und so blieben die Radiatoren kalt. Auch Kerzen und Taschenlampe musste ich bereit machen, denn bald wurde es dunkel. Meine Nachbaren hatten bereits Aufgaben verteilt, d.h. wer mit seinem Ofen kochen konnte (oder grillieren) tat es. So trafen sich alle in einer Wohnung bei Kerzenlicht zum Abendessen.
Ich hatte dieses Jahr die Altjahreswoche freigenommen und wollte am Montag in die Stadt, u.a. zu Kieser Training. Nicht zuletzt der warmen Dusche wegen. Aber etwa in der Talmitte winkte jemand aufgeregt und als ich näher kam, lag da tatsächlich ein Helikopter seitlich auf der Strasse. Es war niemand verletzt, der Heli war beim Start umgekippt, warum weiss ich noch heute nicht. Ich hatte aber genug gesehen, wollte nicht auf Räumung warten und fuhr wieder nach Hause. Am nächsten Tag gelang die "Expedition" dann und am Abend ward es wieder Licht.
Für mich war jetzt das Lothar-Abenteuer zu Ende, nicht jedoch für viele andere. Dafür wartete ich, wie sicher alle Informatiker, gespannt auf den Jahrtausendwechsel. Einsatz hatte ich aber nicht und konnte vor unserem Haus mit den Nachbarn aufs neue Jahrtausend anstossen.
Ja an den Tag können sich wohl viele noch erinnern. In meinem Fall war ich auf dem Rückweg Richtung Lausanne in einem Doppelstock-Zug. Und obwohl ich normalerweise oben sitze, ging ich damals kurz vor Bern ins untere Geschoss: Die wankenden Bäume nahe der Bahnlinie wurden mir ungeheuer, zumal ich schon solche am Boden liegen sah...
AntwortenLöschenGanz problemlos verlief dann die Reise nicht. Ich glaube in Romont mussten wir in Busse umsteigen, weil die Bahnlinie unterbrochen war. Dort wollten die Busfahrer aber halbwegs streikten, weil es ihnen auch zu gefährlich war. Schliesslich wählten sie dann aber glaube ich eine relativ «Wald- und Baum-freie Strecke»...