Freitag, 27. November 2009

Behinderte sind...

Zugegeben, das eine oder andere wurde ja schon über diese Plakatkampagne geschrieben. Vor allem die Methode wurde viel kritisiert. Aber was ist mit dem Inhalt ? Wenn man die Plakate in Ruhe anschauen kann, liest man drei provokative Behauptungen und drei Entgegnungen dazu. Bewirken sie wirklich etwas und wenn ja - was genau?
Behinderte liegen uns nur auf der Tasche - Weil wir ihre Fähigkeiten nicht nutzen.
Fragt sich, wer "wir" sind. Vielleicht die Familie, die ihr behindertes Mitglied nicht genügend achtet. Aber - die anderen Plakate deuten darauf - es geht wohl eher um  die Arbeitswelt. Dann wäre das Plakat an jene gerichtet, die im Fonds des Geschäftswagens sitzen, und kaum aufschauen, wenn sie ein solches Plakat passieren. Ich erinnere mich an die Worte meines ersten Chefs: " Wir (eine Grossbank) haben die soziale Verpflichtung auch Behinderte anzustellen!" Wieviele Unternehmer und Manager diese Verpflichtung heute noch spüren, weiss ich nicht. Jene, die es anzusprechen gilt, erreicht man aber eher an einer entsprechenden Veranstaltung, als mit Plakaten.
Behinderte Arbeiten nie 100% - denn sie kennen nur 120%-igen Einsatz
Das ist genau die Sprache, wie sie gerne von Managern und solchen, die sich dafür halten, aus dem hohlen Kopf Bauch geäussert wird. Dabei habe wir doch alle Prozentrechnen gehabt und sollten wissen, dass es nur x % von einem Ganzen gibt. Man kann 120% von dem leisten, was man letztes Jahr geleistet hat. Oder von dem, was der Kollege leistet. 120% an sich, gibt es nicht. Oder ist gar gemeint, der Behinderte leiste 120% eines nicht behinderten Kollegen. Das müsste allerdings zu denken geben.
Behinderte sind dauernd krank - und trotzdem die ersten im Büro
Diese Bemerkung macht eine Zeitreise mit uns. Damals, als noch alle morgens früh am Fabriktor standen und warteten eingelassen zu werden und punkt halb acht an der Maschine oder am Pult zu stehen, da brannte im Büro des Chefs schon Licht. Und in denen von ein paar Strebern auch. Dass die gleitende Arbeitszeit heute die Regel ist, hat man wohl in den Werbebüros noch nicht gemerkt. Wenn der behinderte Kollege als erster im Büro ist, hat das eher damit zu tun, dass er tatsächlich Frühaufsteher ist, oder dass er von jemandem hergefahren wird, der dann an sein Arbeitsstelle weiterfährt. Oder - und das wäre die schlimmste aller Interpretationen - weil er eben doch weniger leisungsfähig ist, als seine Kollegen und vorarbeitet um mitzuhalten.
Fazit meiner Betrachtung ist die alte Weisheit: "Das Gegenteil von gut ist gut gemeint". So wünsche ich jedem Behinderten, dass er oder sie möglichst wenig gut meinende um sich haben.

1 Kommentar:

  1. Danke für diese nachhakende Betrachtungsweise einer Kampagne, die durch das religiöse Abstimmungsgeschwurbel etwas in den Hintergrund gerückt wurde.
    Wieviele der 57% des Abstimmungs-Souveräns vom Sonntag hatten es auch nur einfach gut gemeint (mit den, von radikalen Denkern, Unterdrückten im allgemeinen und deren Frauen im speziellen)?

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