Mittwoch, 26. Januar 2011

Das tägliche Hin und Her

Da wurde ja kräftig auf Bundesrätin Leuthard herumgehackt, als sie eine Verteuerung des Verkehrs, vor allem des Pendelverkehrs, forderte. Nicht zuletzt, weil sie noch als Wirtschaftsministerin Flexibilität von den Arbeitern forderte und lange Arbeitswege für zumutbar erklärte. Ich finde es nicht so dramatisch, wenn sie nach dem Departementswechsel vermeintlich in die Gegenrichtung argumentiert. Wenn ein Fussballer den Verein wechselt, bejubeln die Fans ja auch jemanden, den sie in der vergangenen Saison noch verflucht haben - oder umgekehrt. Jetzt hat Frau Leuthard also den Verkehrsministerinnenhut an und sagt uns etwas, was wir nicht gerne hören: Wir haben zuviel Verkehr! Oder anders gesagt, die Kapazitäten werden knapp. Wenn sie also vorschlägt, die Mobilität zu verteuern, zumindest zu bestimmten Zeiten, entspricht das durchaus dem System der Marktwirtschaft: Wenn die Nachfrage grösser ist, als das Angebot, steigt der Preis, bis es wieder stimmt.

Viele sagen jetzt, sie hätten keine andere Wahl, als jeden Tag zu einer bestimmten Zeit zur Arbeit zu fahren. Auch ich sage das. Aber manchmal denke ich - was mache ich eigentlich anderes als, den einen Computer auszuschalten und den anderen einschalten - nur, dass ich dazwischen noch 50 Kilometer zurücklegen muss. Warum nicht am einen Computer sitzen bleiben und (mehrheitlich) zuhause arbeiten? 95% meiner Arbeitszeit sitze ich im Büro ohne mit jemandem zu sprechen. Auch Kollegen zwei Büros weiter rufen eher an, als persönlich vorbei zu kommen. Aufträge kommen sowieso per Mail. Warum also jeden Tag physisch anwesend sein?
Klar, manche möchten gar nicht zuhause arbeiten, wegen der Störungen. Aber auch hier gäbe es noch Möglichkeiten, die den Pendelverkehr reduzieren können. Gerade grosse Firmen haben in fast jeder grösseren Stadt ein Verwaltungsgebäude. Die Banken, die Versicherungen, die Post etc. Warum arbeitet nicht jeder Angestellte in dem Gebäude, dass ihm am nächsten ist? Einmal in der Woche reist man zur Abteilungssitzung oder sogar seltener. Aber auch reine Arbeitszentren könnte man schaffen, wo Leute aus total verschiedenen Branchen nebeneinander arbeiten. Man hätte vielleicht auch interessantere Themen in der Kaffeepause...
All das geht auch nur mit Flexibilität - von beiden Seiten, resp. von allen: Arbeitern, Unternehmern, Administration, Politik.

2 Kommentare:

  1. Hallo Martin
    Dieser Artikel ist ja reif für eine Tageszeitung. Es wird seit 30 Jahren von Telearbeit gefaselt, aber nicht wirklich realisiert, im Gegenteil es wird zentralisiert. Komischerweise geht es wenn die Dienstleister in Indien sitzen und für einen Bruchteil unseres Lohnes arbeiten.
    Es wäre auch ein Thema für unsere SP. Aber die können ja nur jammern und Multikulti pflegen. Wenn die sich dieses Thema auf ihre Fahnen schreiben würden hätten sie was Vernünftiges für ihren Wahlkampf dieses Jahr.
    Gilbert

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  2. Ich habe das Ganze ja auch nicht erst gestern erfunden. So etwa alle zwei Jahre wird im TV ein Telearbeiter porträtiert, als ob er der erste wäre. Wirkung hinterlässt das jeweils nicht.

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