Sonntag, 23. Januar 2011

Es geht um die Wurst

Es war wieder so weit. In Traubentrester gedünstete Saucisson, beim Servieren mit Marc überschüttet und flambiert - das ist Treberwurst. Gestern waren wir wieder in Einigen, wo der Gesangsverein unseres Seniorbierfreundes dieses Treberwurstessen jeden Januar veranstaltet. Drei solche Teller habe ich mir gegönnt und mir vorgenommen, am Sonntag nichts zu essen. Das habe ich natürlich nicht eingehalten, aber immerhin mit einer grossen Portion Salat die Ballaststoffe nachgeliefert, die gestern gefehlt haben.
Als ich heute Morgen mit noch vollem Magen aufstehe, stellt der Heer von Gunten auf DRS3 gerade einen Berner Rapper vor. Beim Stichwort Rap schalte ich normalerweise sofort um, diesmal lohnte es sich aber, dabei zu bleiben. Es handelte sich um Tommy Vercetti. Leider nuschelt der Mann ziemlich, aber was ich verstand, tönte gut. Konsumkritik ist zwar nichts neues, auch nicht ein Refrain, in dem der Sänger lieber an der Aare spaziert oder den ganzen Tag im Bett bleibt, anstatt Karriere zu machen. Einige Zeilen liessen mich aufhorchen. Er lese lieber ein Buch, sagt er. Das habe ich, soweit ich mich erinnern kann, noch nie gehört. Da kann man ja nur alle Lehrer auffordern, ihren Schülern das Stück 'Eifach so' von Tommy Vercetti vorzuspielen.
Zum Schluss noch ein garstiges Lied. So sind politische Lieder ja, wie wir seit Goethe wissen. Am Freitag wurde der Herr Fehr in Zürich von Vermummten verprügelt. Ich mag diese Leute nicht "Autonome" nennen, denn wer autonom, sprich selbständig ist, lässt sich nicht von der Gewalt treiben. Ueberfallen werden ist eine schwere psychische Belastung, sagen die Psycho-Experten, die jetzt überall interviewt werden. Das geht Herrn Fehr sicher auch so, aber er ist auch ein Politikprofi und hat sich sofort allen Medien mit seinem Erlebnis und seinen Verletzungen präsentiert. Etwas zynisch könnte man sagen: weh tut es ihm sowieso, also wollte er die Schmerzen wenigstens in politische Sympathie und Wählerstimmen umwandeln. Das dürfte auch so funktionieren, denn für alle Parteien gilt, der beste Wahlhelfer ist die Dummheit der Gegner.

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