Mittwoch, 17. Oktober 2012

Keine Rede

Die PHB (Pädagogische Hochschule Bern) hat Herrn Peter Brabeck (VR Präsident Nestlé) zu einem Vortrag eingeladen. Dagegen gab es Opposition, soviel Opposition, dass die Rede wieder abgesagt wurde. Grund für die Opposition war, dass Nestlé mit ihrem Geschäftgebaren die Wasserressourcen in der 3. Welt usurpiere.
Dass letzteres, wenn die Vorwürfe so stimmen, ein ernsthaftes Problem ist, ist mir klar. Weniger klar ist mir, warum man deswegen eine Rede Brabecks verhindern muss. Haben die Opponenten Angst, dass die angehenden Lehrerinnen und Lehrer von Brabeck in gewissenlose Kapitalisten verwandelt würden? Erwachsene Leute mit Matur, eher kritische Geister, innerhalb zweier Stunden umgedreht?
Diese Befürchtung halte ich für übertrieben. Selbst habe ich ja auch diese Ausbildung gemacht und war im zarten Alter von 21 Jahren auf Besichtigung im AKW Mühleberg ohne zum bedingungslosen Befürworter der Kernenergie zu werden. Es gab auch keinen kritischen Gegenvortrag, wie im Falle von Brabeck auch gefordert wurde.
Wobei ... letzteres hat durchaus etwas reizvolles, wenn man es genügend auf die Spitze treibt. Biologieunterricht zum Thema Evolution? Anschliessend die Gegenmeinung eines Kreationisten. Weinberatung vom Sommelier im Restaurant? Stets ein zweiter Sommelier am Tische, der das Gegenteil empfiehlt. Und in diesem Blog? Klar, sofort einen Blog "Tinus Gegenwelt" schaffen.
Um wieder ernst zu werden - was mich an der Sache stört, ist nicht, dass es Leute gibt, die Brabeck, Nestlé etc kritisieren. Es ist, dass ein Veranstalter einen Vortrag absagen muss, weil er eine Demo und die damit entstehenden Umtriebe fürchtet. Es erinnert fatal an die ganzen Geschichten um angebliche Beleidigung religiöser Gefühle. Auch hier wurden Veranstaltungen abgesagt oder ihr Verbot gefordert, lediglich aus Furcht vor den Reaktionen.
Jetzt gleich von einer Gefahr für die Meinungsäusserungsfreiheit zu sprechen, ist sicher übertrieben. Brabeck und Nestlé können sich auch andesweitig äussern. Dass aber ein Vortrag an einer Uni verhindert wird, wo eigentlich die Freiheit der Lehre über allem stehen sollte, gibt mir zu denken.
Das steht bei Journal B
und dies im Bund.

2 Kommentare:

  1. Zudem ist es nicht wirklich konsequent ihn nur an einer Rede an der PH zu hindern - das bewegt ihn wohl kaum. Die Zeit kann er sicher auch anders nutzen.

    zum Thema "zartes Alter von 21"... ich war eben im AKW... mit 17. Und geändert hat es meine Ansichten auch nicht. Auch Besuche bei der Nagra (welche übrigens mit ihrer Promotion viel offensichtlicher ist und nicht gleich gut balancierte Informationen erzählt) habe ich schon mit 16 erlebt. Und wir benutzen im Gymer auch gepsonserte Dinge von diversen kontroversen Unternehmen...

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  2. Ich hoffe, meine Bemerkung erweckt nicht den Eindruck, ich traue unter 21-jährigen keine kritischen Gedanken zu. Ganz im Gegenteil. Gerade darum nerve ich mich über Leute, die denken, man müsse seine Mitmenschen (jeden Alters) vor "falschen Gedanken" schützen. Vor allem, weil diese "falschen Gedanken" immer nur jene der anderen sind...

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