Montag, 21. Januar 2013

Brav, bieder, dankbar

Zugegeben, ich bin ja ein bisschen Fan von Nik Hartmann. Er ist meiner Meinung nach der beste Moderator, den SRF hat. Die besten Porträts mache, so habe ich gelesen, die Journalistin Margrit Sprecher. So kann man sich ja nur freuen, wenn gerade sie über ihn für die Schweizer Seite der "Zeit" schreibt.
Oder man kann nur enttäuscht sein - weil man ungerne so viele Bosheiten über eine Typen liest, den man sehr sympathisch findet - weil man denkt, dass solcherlei Giftigkeiten einer berühmten Porträtistin unwürdig sein sollten.
Das im Titel genannte "bieder" trieft durch fast jeden Satz, zusammen mit "mittelmässig", "mehrheitstauglich" oder eben "brav". Auch über das Publikum weiss sie nur hämisches. Es habe die Landschaften, die Nik durchwandert, schon im Aktivdienst kennengelernt und den Hund mögen sie, weil er wie sie ein künstliches Hüftgelenk habe. Frau Sprecher ist übrigens auch schon 73 und sicher auch Kandidatin für ein solches.
Die schlimmste Passage ist aber diese:
"In Sachen Ehe freilich fällt er aus dem Raster. Er lernte seine Frau schon mit 18 Jahren kennen und ist noch immer, mit 43, mit ihr verheiratet. Auch bezüglich Kindern verfehlt er den Durchschnitt: Er hat gleich drei, und sein jüngster Sohn Melchior kam behindert zur Welt. Das macht ihn in den Augen seiner Gemeinde nur noch sympathischer. Und beschert ihm ein ganz neues Fansegment: andere Eltern behinderter Kinder."
Was erst noch positiv tönt, erhält plötzlich einen üblen Dreh. Man könnte glauben, Nik hätte sich die Behinderung seines Sohnes ausgesucht, um genanntes Fansegment zu erreichen.
Was geht in dieser Frau vor? Es scheint, als könnte sie nicht ertragen, dass jemand Erfolg hat, indem er nett ist. Ja, er ist kein schräger Künstler, kein investigativer Journalist. Er war immerhin einst in einer Band namens "Pissnelken". Aber die hat er aufgegeben zugunsten dessen, was ihm heute Popularität und natürlich auch Geld einbringt. Wobei, die Pissnelken sind ihm ja auf andere Weise erhalten geblieben.
Hier der ganze Artikel.

4 Kommentare:

  1. Frau Sprecher mochte ich als Journalistin mal sehr gerne. Nach diesem Artikel finde ich sie aber einfach nur noch peinlich. Da spricht eine frustrierte Frau aus jeder Zeile raus, welcher Teufel hat die denn geritten, als sie diesen Text verfasst hat. Ich glaube, ich setze dort gleich mal einen Kommentar ab.

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  2. Ich habe den Artikel soeben gelesen,
    lieber Tinu,
    und geseufzt...
    Ich fand Frau Sprechers Reportagen und Porträts in der Weltwoche damals (!!!) grossartig und gekonnt. Sie entlarvte sensationell Aufgemachtes als letztendlich harmlos, und gab dem Unauffäligen Raum. Ihr Schreiben beeindruckte mich.
    Das war einmal.
    Schade und leider.

    Herzlich Hausfrau Hanna (die sich übrigens am Samstagabend die Sendung mit Nik Hartmann und der massentauglichen Gesprächsrunde angeschaut hat...)

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    1. @Hausfrau Hanna
      Als Frau Sprechers Reportagen noch super waren, war die Weltwoche noch eine tolle Zeitung und nicht so ein populistisches Heftli wie heute.

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  3. Danke ihr beiden. Ich bin also mit meiner Befremdung nicht alleine.

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